Mit Beginn der Corona-Pandemie hat sich an unserer Alltagsroutine so einiges verändert: Maskenpflicht, Hygienemassnahmen, Abstandsregeln – nichts ist mehr, wie es vorher war. Galt noch vor wenigen Monaten von Montag bis Freitag die Regel, dass der Blick in den Spiegel neben der Tür ein präsentables Bild zeigen musste, das einem versicherte, nicht nur fachlich exzellent vorbereitet sondern auch gut angezogen in den Bürotag zu starten, war schon nach kurzer Zeit die Rede vom ach so schönen weil entspannten Homeoffice-Schlabberlook, den man sich nun guten Gewissens erlauben könne.
Ein Hemd für jeden Tag
Dabei wurde die Rechnung jedoch ohne die geniale Erfindung der Video-Konferenz gemacht, jener technischen Errungenschaft, die es Vorgesetzten erlaubt, auch in Zeiten der Heimarbeit und über grössere räumliche Distanzen hinweg ein unauffälliges Auge auf ihre Mitarbeiter und deren Outfit-Disziplin zu werfen. Die Antwort auf diese Entwicklung liess nicht lange auf sich warten: das sogenannte “Zoom-Shirt”, das es dem Träger erlaubt, obenrum professionell auszusehen, während der Bequemlichkeit untenrum freie Bahn gelassen wird, hat es bereits zu einem Eintrag in den Urban Dictionary gebracht. Dort wird es beschrieben als “das saubere Hemd, das über der Lehne des Schreibtischstuhls hängt und mit dem man jederzeit für eine Videokonferenz gewappnet ist”. Mit dieser Definition alleine ist es jedoch noch lange nicht getan. Denn ein echtes Zoom-Hemd muss natürlich ganz bestimmte Kriterien erfüllen.
Farbenlehre par excellence
Am allerwichtigsten: knitterfrei muss es sein! Ein gutes Zoom-Shirt erkennst du daran, dass es auch nach mehreren Nächten über der Stuhllehne noch aussieht wie frisch gebügelt. Und auch die Farbe sollte mit Bedacht und gewählt werden. Vor einem hellen Hintergrund empfehlen sich vor allem gedeckte Töne oder Muster, um zu verhindern, dass das Gegenüber nur einen schwebenden Kopf zu sehen bekommt, weil Wand und Hemd zu einem Tarnumhang verschmelzen. Richtig kompliziert wird es, wenn der Hintergrund mehrfarbig ist. Hier gilt es zunächst festzustellen, ob der Hintergrund insgesamt eher dunkel oder eher hell ist. Ist Letzteres der Fall, bietet sich von hellblau bis hellgrün theoretisch jede Farbe an – dabei sollte man(n) jedoch unbedingt aufpassen, nicht wie ein Stück Obst in Technicolor auszusehen. Ist die Zimmerwand hingegen hell gemustert, kombinierst du dazu am besten ein einfarbiges dunkles Hemd. Generell gilt online wie offline die Devise: Hände weg von allzu wilden Mustern. Trotz aller Verwirrung hat das Zoom-Hemd insgesamt zu einer Lockerung der Kleiderordnung geführt, das designierte Outfit of the Day hat also ausgedient. Dafür haben Herrenausstatter wie das New Yorker Label “Untuckit” den Trend aufgenommen und eigene Zoom-Shirt-Kollektionen designt.
Frau hat die Qual der Wahl
Soweit, so simpel. Ganz anders sieht es bei der weiblichen Bürobesetzung aus. Hier ist es oft nicht mit einem einfachen Allzeit-bereit-Hemd getan. Die Spannweite an Empfehlungen für praktisch-ästhetische Home-Office-Kleidung reicht von einem Foulard, dem sogenannten “Zoom-Scarf” zur Bedeckung des Decoletées, über unterschiedlichste Zoom-Tops bis hin zur sogenannten “Sweater Jacket”, einem legeren Blazer aus weichem Pullover-Stoff. Kann man(n) sich also angeblich mit einem einzigen Kleidungsstück über die Homeoffice-Zeit hinweg retten, muss Frau anscheinend immer noch mehr Style-Knowhow aufwenden, um vor dem Laptop-Screen halbwegs elegant zu wirken. Vielleicht tut es aber für die nächste Online-Konferenz auch einfach das Button-Down-Hemd des eigenen Partners?